Besondere Lernbedürfnisse
Menschen mit besonders hohen Fähigkeiten haben besondere Lernbedürfnisse. Sie können mehr und schneller lernen, ihre Interessen sind oft breit und sie machen sich selbst viele Gedanken zu Themen, die gerade bei Kindern über der Altersstufe liegen. Sie denken nicht nur anders als ihre normalbegabten Gleichaltrigen, sondern sie erleben das Leben viel intensiver. Von Linda Kreger Silvermann wird Hochbegabung beschrieben als "ein höheres Bewusstsein, eine höhere Empfindsamkeit und eine höhere Fähigkeit, Wahrnehmungen zu verstehen und in intellektuelle und emotionale Erfahrungen umzuformen." Ein normales Schulumfeld ist darauf nicht eingerichtet. Nicht jede Lehrperson ist mit Begabungsförderung vertraut. Im Alltag von Familien mit besonders begabten Kindern kann es zu Schwierigkeiten und Frustrationen kommen, wenn den besonderen Begabungen über längere Zeit nicht Rechnung getragen wird. Oft äussern sich diese Schwierigkeiten in emotionalen Ausbrüchen zuhause und in schwierigem Sozialverhalten. Es wird dann gerne von sozialer und emotionaler Unreife gesprochen, obwohl eigentliche von einem kognitiven Misfit - oder einer fehlenden Passung mit dem Umfeld - die Rede sein müsste. In vielen Fällen werden besonders begabte Kinder weder zuhause noch in der Schule als besonders begabt erkannt, vielmehr werden die Defizite im Verhalten bemängelt.
Gemeinsamkeiten besonders begabter Kinder
Begabte Kinder und Jugendliche sind keine homogene Gruppe. Sie unterscheiden sich in Interessen und Persönlichkeitsmerkmalen manchmal recht stark voneinander. Gemeinsam ist ihnen, dass sie sich auf ihrem eigenen Niveau mit dieser Welt beschäftigen und sich darüber mit anderen austauschen möchten. Mit den gleichaltrigen Kindern ist das oft nicht befriedigend möglich, weil die meisten von ihnen in einer anderen, eben altersgerechten Denkwelt leben. Je natürlicher und selbstverständlicher wir mit den besonderen Bedürfnissen begabter Kinder umgehen und sie fördern, desto weniger Probleme ergeben sich. Es hilft begabten Kindern, wenn ihre Fähigkeiten erkannt und gewürdigt werden.
Auffälliges Verhalten?
Gelingt dies nicht, können besonders begabte Kinder auffällig werden. Nicht alle werden sofort in der Schule auffällig, oft zeigen sich Schwierigkeiten nur zuhause. Es „stinkt“ ihnen, in die Schule zu gehen, sie verlieren die Lernmotivation und trauen sich nicht, etwas zu sagen. Sie möchten oft in der Schule nicht auffallen und halten sich deshalb gegenüber den Lehrpersonen bedeckt. Mit der Lernmotivation sinken auch die Leistungen. Manchmal kommt es zu emotionalen Ausbrüchen und Wutausfällen zuhause.
Soziale Aspekte
Im sozialen Bereich haben es diese Kinder oft viel schwerer als durchschnittlich begabte. Wenn sie ihre eigene Denkwelt mit anderen Kindern austauschen wollen, fühlen sie sich nicht verstanden und innerlich einsam. Das erschwert ihnen die Integration in die Gruppe. Immer wieder kommt es vor, dass diese Kinder in Mobbingsituationen als Opfer dastehen, weil sie sich in der Gruppe der populärsten Kinder einer Klasse nicht wohlfühlen und ihren Platz mehr am Rande der Gruppe haben. Ohne ernstgemeinte Hilfe und Unterstützung von Erwachsenen kann Mobbing verheerende Folgen für die Persönlichkeitsentwicklung haben. Es kann in eine Depression oder in ernsthafte Verhaltensauffälligkeiten führen, welche jahre- oder jahrzehntelang eine Entwicklung beeinträchtigen können.
Um nicht auffällig zu werden, müssen hochbegabte Kinder oft bedeutend höhere soziale Fähigkeiten haben als gleichaltrige Kinder. Erst das ermöglicht ihnen, die Kluft zwischen ihrer Denkwelt und derjenigen ihrer Klassenkameraden zu überbrücken. Wenn sie selbst altersgemäss entwickelte soziale Fähigkeiten haben, gelingt ihnen diese Anpassung nicht immer. Dann heisst es oft von der Seite Erwachsener, sie seien sozial oder emotional unreif. Mit solchen Fehlinterpretationen umzugehen kann diese Kinder und ihre Eltern überfordern.
Identifikation besonders begabter Kinder
Es gelingt nicht allen Kindern und Jugendlichen, ihre Fähigkeiten in schulische Leistung umzusetzen. Es ist längst nachgewiesen, dass Schulnoten für die Identifikation begabter Kinder keine verlässlichen Indikatoren sind. Wenn sich also die Frage stellt, ob ein besonderer Förderbedarf gegeben ist, kann eine professionelle Abklärung helfen.
Fachwissen und Erfahrung
Meiner Arbeit liegt Fachwissen und viel Erfahrung über Begabungsförderung zugrunde. Darauf aufbauend können für Kinder Fördermassnahmen besprochen und für Jugendliche und Erwachsene Berufsrichtungen aufgezeigt werden.
Meine Begabungsabklärungen für Kinder und Jugendliche im Schulalter erlauben ein breites Bild von Fähigkeiten, Stärken und Lernbedürfnissen. In den Bereichen Schule, Freizeit und Erziehung bespreche ich mit den Eltern die nächsten möglichen Schritte.
Damit liefert die Abklärung Entscheidungsgrundlagen und Vorschläge für die weitere schulische Förderung und eine sinnvolle Freizeitgestaltung. Gerade im Fall von Unsicherheiten und Schwierigkeiten können solche Entscheidungen einen massgeblichen Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung und spätere berufliche Laufbahn haben.